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Markenanalyse

Standpunkt

Aus für Yeezy und Kanye West – Adidas hat in letzter Minute die Notbremse gezogen. <h1-red-light>Was bedeutet das für die Marke Adidas?<h1-red-light>

10.11.2022
Andreas Ebeling

Nach wiederholt antisemitischen Äußerungen hatte Adidas Ende Oktober die Notbremse gezogen und seine Kooperation mit US-Rapper und Künstler Kanye West für beendet erklärt. Die Börse reagierte umgehend mit Kursverlusten. Allein bis Ende 2022 rechnet Adidas bedingt durch den Verkaufs-Stopp der an West gebunden Marke Yeezy mit bis zu 200 Millionen € Einbußen beim Nettogewinn.  

Die Kooperation mit Kanye West war zweifellos die wichtigste für Adidas seit 2016, vor allem, weil die hochpreisigen Produkte der Marke Yeezy einen nicht unerheblichen Teil des Umsatzes von Adidas beigesteuert hatten. Zudem dürfte Yeezy hochprofitabel gewesen sein. Andererseits gab es keine andere Handlungsoption für Adidas, als die, sich von ‚YE‘ Kanye West zu trennen. Aus markentechnischer Sicht wäre es sogar besser gewesen, sich deutlich früher zu trennen. Kanye West hatte sich bereits seit längerem nicht mehr partnerschaftlich gegenüber Adidas verhalten. Die zunehmenden antisemitischen Äußerungen von West haben das Fass dann zum Überlaufen gebracht. Mehr Konsequenz und Rückgrat im Sinne eines schnelleren Handelns hätten der Marke Adidas gewissermaßen sogar gutgetan.

Gleichzeitig ist nicht davon auszugehen, dass Adidas als Marke durch das Ende der Partnerschaft längerfristig ernsthaft Schaden nimmt. Adidas setzt, wie auch seine Wettbewerber, seit Jahren auf mehrere Partnerschaften mit unterschiedlichen Persönlichkeiten mit Strahlkraft – wie zum Beispiel Beyoncé oder Pharrell Williams. Es gibt nicht DAS eine Markengesicht. So wie auch Adidas nicht mit Kanye West gleichgesetzt werden kann. Der aktuelle Fall zeigt, dass diese Strategie eine Marke vor zu allzu großen Blessuren schützen kann, wenn es mit der Partnerschaft nicht wie geplant läuft.

Kollaborationen von Sportartikelherstellern mit Künstlern und Sportlern sind wichtig für das Geschäft

Viele SportlerInnen und KünstlerInnen sind ihre eigene Marke und verfügen über ein enorm großes Netzwerk an Fans und Followern. Gleichzeitig sind Marken wie Adidas, Nike, Puma längst keine reinen Sportausstatter mehr, sondern haben sich zu Fashion- und Lifestylemarken weiterentwickelt. Bei echten Kooperationen, aus denen konkrete Produkte, Kollektionen oder sogar eigenständige Marken hervorgehen, unterstützen sich Unternehmen wie Adidas und die Künstler- bzw. Sportlermarken quasi gegenseitig.

Ein wichtiger Unterschied zu klassischen Fashion-Brands ist zudem, dass hinter den Sport-Marken historisch gesehen keine eigenen Designer-Persönlichkeiten stehen. Das ist bei Armani, Gucci, Prada & Co. naturgemäß komplett anders. Adidas verfügt über seine ikonischen 3 Streifen, ein unbezahlbares Brand-Asset, aber kein Ersatz für echte Fashion-Kompetenz. Diese muss von außen kommen, solange keine Star-Designer direkt verpflichtet werden.

Adidas steht aktuell vor vielen Herausforderungen. [Image by Max Letten - unsplash.de]

Der zukünftige Adidas-Chef Björn Gulden hat diverse Baustellen anzugehen – <h2-red>Schärfung des Profils der Marke Adidas als Chance<h2-red>

Zum 01.01.2023 löst der bisherige Puma Chef Björn Gulden Adidas CEO Kasper Rorsted ab. Gulden kann froh sein, dass der Fall Kanye West entschieden ist, und ihm nur indirekt zur Last fällt – gleichzeitig sind die kurzfristigen Umsatz- und Gewinneinbußen real und lassen sich nicht von heute auf morgen kompensieren. Entscheidender wird es aber sein, eine grundlegende Strategie zu finden und zu etablieren, wie Adidas mit Blick auf die Entwicklung der Börsenkurse im Vergleich zu Nike und Puma wieder aufschließen kann. Die allgemeine Kaufzurückhaltung in Europa und den USA und ein schwieriges China-Geschäft sind weitere Probleme vor denen aber auch die Wettbewerber stehen.  

Aus Marken-Sicht wichtig, ist jetzt die Schärfung des Profils insgesamt für die Marke Adidas, das heißt: wofür steht Adidas im Kern? Mit „Impossible is nothing“ hat Adidas Werbegeschichte geschrieben. Die 2004 gelaunchte Marken-Kampagne war aus Kommunikationssicht eine echte Heldentat, die nachhaltig zur Markenstärke von Adidas beigetragen haben dürfte. Es ging darum (O-Ton Adidas), „… die Philosophie und die Einstellung auszudrücken, die Adidas mit Sportlern der ganzen Welt teilt – das Unmögliche möglich zu machen, Rekorde zu brechen und neue Maßstäbe zu setzen.“ Diesen Geist vermisse ich heute in dieser Klarheit in der Außenkommunikation. Zwar wurden Claim und Kampagne 2021 reaktiviert. Es besteht jetzt die Chance, eine explizite Haltung von Adidas mit Bezug zum Sport zukünftig wieder deutlich stärker in den Mittelpunkt zu stellen.

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