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Brandmeyer Magazin – Standpunkt
Markenanalyse

Standpunkt

Best Practise-Stadtmarke: <h1-red-light>Erfolgsfaktoren<h1-red-light>, die andere Städte von Bielefeld lernen können

Von
Peter Pirck

Bielefeld hat sich zu einem Best Practice-Beispiel in Sachen Stadtmarketing entwickelt. Im November 2018 nahmen Martin Knabenreich und Kati Bölefahr-Behrends von der Bielefeld Marketing GmbH in Berlin vor 500 Gästen aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Medien den Preis für Stadtkultur des 13. Europäischen Kulturmarken Awards entgegen. Unter 99 europaweit eingereichten Bewerbungen wurde die „Mitmach-Stadtmarke Bielefeld“ als das spannendste und innovativste Konzept ausgezeichnet. Sicherlich einer der bisherigen Höhepunkte des noch jungen Stadtmarken-Prozesses in Bielefeld.

Dabei war die Ausgangssituation für die Stadt durchaus schmerzhaft: Das Image der Stadt Bielefeld ist blass. So hatte eine Studie der Brandmeyer Markenberatung von 2015 ergeben, dass nur ca. ein Viertel der Deutschen konkrete Vorstellungen mit der Stadt verbindet. Schwer zu akzeptieren für eine prosperierende Stadt, die so etwas wie das Zentrum von Ostwestfalen-Lippe ist, der stärksten Wirtschafts- und Technologieregion in Nordrhein-Westfalen. Um am blassen Stadt-Image etwas zu ändern, haben die Bielefeld Marketing GmbH und das Pressesamt der Stadt noch im gleichen Jahr einen Markenprozess initiiert, der mittlerweile als absolutes Best Practice-Beispiel gilt. Denn auch wenn keine Stadt wie die andere ist: Gewisse Dinge gibt es, die sich andere Städte strukturell von Bielefeld abschauen können. Fünf Erfolgsprinzipien des „Bielefelder Modells“ seien hier genannt:

1. Die relevanten Stakeholder in den <h2-red>Stadtmarkenprozess<h2-red> einbinden

So macht es Bielefeld:  

Von Anfang an war den Hauptakteuren bewusst: Bielefeld Marketing und das Presseamt der Stadt allein können das Ziel des Markenprozesses nicht erreichen – die Wahrnehmung der Stadt Bielefeld mittel- und langfristig zu verbessern.

Vor diesem Hintergrund wurde das Bielefeld-Partner-Netzwerk ins Leben gerufen. Fast 60 Partner unterstützen mittlerweile die Markenkommunikation der Stadt, die inhaltlich an den Kernthemen „lebenswerte Großstadt“, „starke Wirtschaft“ und „Stadt der Bildung und Wissenschaft“ ausgerichtet wird. Nicht nur finanziell, sondern auch mit wertvollem Know-how. Mit dabei sind privatwirtschaftliche Unternehmen der Stadt, aber auch Einrichtungen wie die Universität Bielefeld oder die Stadtwerke.

Mehr Infos zu den Partnern gibt es auf der Website der Bielefeld Marketing <link: https://www.bielefeld-marketing.de/bielefeld-marke/partner>

Das lässt sich auf andere Städte übertragen:  

Schon aufgrund der begrenzten Ressourcen kann ein Markenprozess durch eine Stadtmarketing-Gesellschaft oder ein städtisches Amt allein nicht gelingen. Für den nachhaltigen Erfolg kommt es entscheidend darauf an, wichtige Institutionen und Akteure zu identifizieren und mit ins Boot zu holen.

Wichtig ist dabei: Partner sollten frühzeitig in den Prozess eingebunden werden, sie sollten dauerhaft integriert werden und sie müssen alle gemeinsam auf definierte Ziele hinarbeiten. Das notwendige Networking, das „Orchestrieren“ der Akteure und Maßnahmen, gehört heute zu den wichtigsten Aufgaben des Stadtmarketings.

2. Die Stärken der Stadt durch eine <h2-red>Bürger-Befragung<h2-red> ermitteln

So macht es Bielefeld:  

Die Brandmeyer Markenberatung wurde 2015/2016 damit beauftragt, die überzeugendsten Themen und Inhalte für die Kommunikation der Marke Bielefeld zu identifizieren. In der ersten, qualitativen Phase wurden Workshops mit Bürgern, Experten und Wissensträgern aus Bielefeld und der Region Ostwestfalen-Lippe durchgeführt. Ziel: Ideen und Hypothesen zu den profilierenden Stärken von Bielefeld generieren. In der zweiten, quantitativen Phase folgte eine Online-Befragung, an der insgesamt über 5.500 Menschen aus Bielefeld und der Region teilgenommen haben. Dies war ein erster Meilenstein der „Mitmach-Marke“ Bielefeld.

Im Zuge der Datenanalyse wurden die drei Themenfelder sowie konkrete Inhalte ermittelt, die am meisten zur Attraktivität von Bielefeld beitragen. Damit liegt eine empirische Basis vor, die Markenkommunikation und Storytelling in eine klare Richtung bringt und die unmittelbar in die Entwicklung einer neuen Vermarktungsstrategie für Bielefeld eingeflossen ist.

Das lässt sich auf andere Städte übertragen:

Gerade für Städte aus der „zweiten Reihe“, die abseits der großen Metropolen an ihrem Image feilen und ihre Attraktivität sukzessiv erhöhen wollen, sind die Menschen aus der Stadt und ihrer Region die wichtigste Zielgruppe. Zugleich kann man bei ihnen weit mehr über die spezifischen Stärken der Stadt erfahren, als dies etwa bei einer bundesweiten Befragung der Fall wäre (denn wie anfangs gesehen: Die meisten Deutschen verbinden mit einer Stadt wie Bielefeld keinerlei konkrete Vorstellungen). Wer sonst könnte die Stärken und Besonderheiten einer Stadt so gut kennen, wie die Menschen, die hier leben?

Eine für alle offene Befragung ist zudem ein Paradebeispiel für Bürgerpartizipation. Sie ermöglicht eine so breite Teilhabe, wie es in nur wenigen anderen Bereichen des städtischen Lebens möglich ist. Dies schafft eine hohe Glaubwürdigkeit, von der ein Markenprozess nachhaltig profitieren kann.

3. Ein visuelles Element als <h2-red>Kristallisationskern<h2-red> entwickeln

So macht es Bielefeld:  

Dass zu einer starken Marke auch ein starker visueller Auftritt gehört, ist markentechnisches Allgemeingut. Aber auch hier hat Bielefeld Neuland beschritten: Mit einem neuen Stadtlogo, das ausdrücklich für die private Nutzung freigegeben ist.

Im Rahmen einer bundesweiten Ausschreibung setzte sich die Bielefelder Agentur deteringdesign mit ihrem Entwurf eines Kommunikationsmusters durch. In dessen Mittelpunkt steht ein Logo, das aus den Anfangsbuchstaben „BIE“ gebildet ist und dabei die Silhouette der Sparrenburg aufgreift. Die Besonderheit: Nur in der Farbkombination Rot-Weiß ist das Logo für die Verwaltung reserviert.

In allen anderen Varianten ist es ausdrücklich auch zum persönlichen Gebrauch für alle Bielefelder und „Bielefeld-Fans“ gemacht. Wer also seine Verbundenheit mit Bielefeld zeigen möchte, kann das neue Bielefeld-Logo dazu verwenden. Die Resonanz in der Bevölkerung ist hervorragend – ein Kristallisationskern für den Markenprozess und die Verbundenheit mit Bielefeld war geboren.

Mehr Infos zu dem Logo gibt es auf der Website der Bielefeld Marketing https://www.bielefeld-marketing.de/bielefeld-marke/logos

Das lässt sich auf andere Städte übertragen:  

Eine Stadt benötigt immer auch eine charakteristische, durchgängige „Handschrift“. Denn wenn jeder Akteur der Stadt seine Kommunikation mit einem eigenen visuellen Auftritt betreibt, gibt es im Wettbewerb kein Durchkommen.

Eine wiedererkennbare Handschrift kann helfen, die Durchsetzungskraft im kommunikativen Umfeld zu erhöhen. Entwickeln Sie daher eine typische grafische Gestaltung, an der man Ihre Stadt wiedererkennt und die von möglichst vielen Akteuren genutzt wird – ein Kommunikationsmuster. Dazu reichen wenige prägende Elemente und einfache Regeln. Denn egal ob das Kommunikationsmuster/das Logo der Nutzung durch städtische Akteure vorbehalten ist oder ob es auch den Bürgern erlaubt ist: Die Zeit aufwendiger und umfangreicher CD-Manuals neigt sich dem Ende zu.

4. Engagement und Kreativpotenzial der <h2-red>Bürger<h2-red> nutzen

So macht es Bielefeld:  

Partizipatives Stadtmarketing geht in Bielefeld weit über die Befragung der Bürger hinaus. Im Zuge der „Fan-Aktion für Bielefeld“ (2019 bereits zum zweiten Mal durchgeführt) werden kreative Ideen für Events und Projekte gesucht. Bewerben können sich Privatpersonen, Vereine, Initiativen, Institutionen und Unternehmen. Besonderheit: Es werden nicht nur Ideen gesucht – es geht auch um die Umsetzung dieser Ideen. Um die Ideengeber zu unterstützen, gibt es für die drei besten Vorschläge jeweils eine Projektförderung von bis zu 5.000 Euro.

Fan-Aktion Bielefeld

Das lässt sich auf andere Städte übertragen:

Bürger können zu den wichtigsten und überzeugendsten Kommunikatoren werden. Das funktioniert am besten, wenn man ihr Kreativpotenzial und Engagement nutzt. Denn mit der größten Überzeugung wird gelebt, was man selbst (mit-)entwickelt hat. Eine vermeintliche Schwäche kann dabei zu einer besonderen Stärke werden: Bürger denken nicht in den üblichen Kategorien von Kommunikationsmaßnahmen und können gerade dadurch auf ganz neue, überraschende und resonanzstarke Ideen kommen (die einer Agentur vielleicht nie in den Sinn gekommen wären).

5. Das richtige Verhältnis von <h2-red>Partizipation<h2-red> und <h2-red>Leadership<h2-red> im Stadtmarketing

So macht es Bielefeld:  

Ob Einbindung relevanter Stakeholder, Bürger-Befragung oder Fan-Aktion: Obwohl Bielefeld Marketing hochgradig partizipativ arbeitet, ist der Markenprozess kein gänzlich „demokratischer“ Prozess. Denn nachdem die inhaltliche Basis durch die Bürgerbefragung einmal gelegt wurde, wird stets sichergestellt, dass die Markenkommunikation stringent auf die hier evaluierten Themen ausgerichtet wird.

Beispiel „Fan-Aktion“: Gesucht werden keine Aktionen, die einfach nur irgendwie mit Bielefeld zu tun haben. Es gibt vielmehr ein striktes thematisches Briefing: Die Projektvorschläge müssen mindestens zwei von fünf der im Briefing definierten Stärken/Besonderheiten aufgreifen. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Fan-Aktionen auch tatsächlich zu den Fokus-Themen der Stadtmarke Bielefeld passen und die richtigen Inhalte transportieren.

Das lässt sich auf andere Städte übertragen:  

„Partizipation“ und „Leadership“ sind zwei nachhaltige Trends im Stadtmarketing. Problem: Auf den ersten Blick sieht es so aus, als stünden sie einander konträr gegenüber. Auf der einen Seite erklingt der berechtigte Ruf nach mehr Einbindung der Bürger, nach mehr Beteiligung und Teilhabe. Auf der anderen Seite steht jedoch die Erkenntnis, dass der Aufbau eines profilierten Markenbildes nur über das Setzen von Themen erreicht werden kann. Ohne Leadership keine Marke.

Muss sich Stadtmarketing für den einen oder den anderen Weg entscheiden? Führt die breite Einbindung von Bürgern und Stakeholdern nicht automatisch zu einer Verwässerung des Markenbildes? Und bedeutet Leadership nicht immer, dass weitere Akteure außen vor bleiben? Oder gibt es die Möglichkeit, das Beste aus beiden Ansätzen für das Marketing einer Stadt zu nutzen?

Die erfreuliche Antwort lautet: Es geht beides zusammen. Nicht im Sinne eines (faulen) Kompromisses, sondern im Sinne einer schlagkräftigen Verbindung dieser beiden Trends. Entscheidend für das erfolgreiche Zusammenspiel ist dabei, dass die beiden Prinzipien jeweils an den richtigen Stellen eines Markenprozesses greifen.

Bielefeld hat gezeigt, wie die Akzente richtig gesetzt werden können und dem Stadtmarketing damit neue Impulse gegeben. Kein Wunder, dass viele Marketing-Verantwortliche nach Bielefeld schauen und prüfen, was auf die eigene Stadt übertragen werden könnte.

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